lebendiges LERNEN

Wir benutzen nicht nur ausschließlich den Begriff der “Förderung”. Wir sprechen auch von “Zeit und Begleitung – lebendigem Lernen”. Denn Kinder sind so neugierig auf sich selbst, auf andere Menschen und die Welt, sie lernen eigentlich immerzu, so dass man ihnen dafür den angemessenen Rahmen geben muss.
Das jedoch ist nicht immer ganz so einfach, wie es scheint. Zu viele Erklärungen oder der Zwang, zu einer bestimmten Zeit etwas Bestimmtes tun zu müssen, eine zu wenig inspirierende Umgebung oder die vielen “Neins” im Alltag – all das bremst die Kinder aus und zerstört leider ihre natürliche Lernlust und Lerngabe.
Die Erzieher/innen bieten den Kindern einen Rahmen, so zu lernen, dass sie Spaß daran haben und einen guten Fundus für ihre weitere Entwicklung aufbauen.
Diese Haltung, dem Kind Zeit und Raum zum individuellen Lernen zu geben, sollte nicht mit überbordeter Freiheit oder Grenzenlosigkeit verwechselt werden. Denn je mehr Freiheit die Kinder haben, desto mehr Regeln gelten auch: Die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo die Freiheit des Nächsten beginnt. Dieser Grundsatz des Zusammenlebens wird von den Erziehern/innen und den Kindern gelebt. So ist zum Beispiel eine zentrale Regel, andere nicht stören, wenn sie Ruhe brauchen.

ZEIT zum lebendigen Lernen

Die Erzieher/innen geben den Kindern die Zeit, die sie zum Lernen benötigen. Das kann im Kleinen sein, zum Beispiel wenn ein Kind versucht, ein Bauklötzchen in eine Form zu stecken oder beim Tisch abwischen helfen möchte. Oder auch im Großen, wenn es beispielsweise darum geht, sich etwas Neues zuzutrauen. Die Erzieher/innen drängen die Kinder nicht. Auch die Aufgabe lösen sie nicht für sie. Wenn das Kind durch längeres ausprobieren herausgefunden hat, wie das mit dem Bauklötzchen geht und wenn es keine helfende Hand erfahren hat, sondern selbst den Mut und das Geschick zur Lösung aufgebracht hat, erwirbt es Zutrauen in seiner eigenen Fähigkeit mit all seinen positiven Auswirkungen auf sein Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen. Es behält dadurch seine Lust und seinen Entdecker- und Gestaltungsmut. Zeit zu haben bedeutet auch, die Chance zu bekommen, die eigenen Bedürfnisse herauszufinden und auf sie zu hören. Dies ist ein wahrhaft unschätzbarer Impuls für das weitere Lernen!

ZEITPUNKT des lebendigen Lernens

Neben der individuellen, einfühlsamen und bewussten Begleitung jedes einzelnen Kindes sowie einer inspirierenden Umgebung, messen die Erzieher/innen dem richtigen Zeitpunkt eine große Bedeutung bei. Jedes Kind ist zu einem unterschiedlichen Zeitpunkt für bestimmte Dinge besonders aufnahmefähig. Dabei gibt es größere Zeitfenster, zum Beispiel die Freude am Sortieren und Stapeln. Wenn das Zeitfenster für einen Lernschritt gerade geöffnet ist, ein Kind also offen für das Thema ist und einen großen Spaß daran hat, sich genau damit zu beschäftigen, lernt es schnell und nachhaltig. Es ist somit, hin und wieder mal (Situationsbedingt) kontraproduktiv, immer und alle Kinder gleichzeitig zu einer Sache anzuleiten oder sie “zu zwingen”, sich zu festgelegten Zeiten auf eine bestimmte Weise zu beschäftigen. Das Kind lernt dann eventuell nicht optimal, und auch seine natürliche Motivation wird leider erstickt. Das ist im Übrigen bei den ganz “Kleinen” tatsächlich nicht anders als bei den “größeren”, und genauso auch bei uns Erwachsenen.

BEGLEITUNG des lebendigen Lernens

Um allen Kindern diese eigenen Lernwege zu ermöglichen, ist eine genaue Beobachtung und Dokumentation der einzelnen Entwicklungsschritte jedes Kindes notwendig. Entwicklungspsychologisches Fachwissen ist die wesentliche Voraussetzung, um diese Beobachtungen dann auch auswerten zu können und weitere entsprechende Schlüsse daraus zu ziehen: Wo benötigt ein Kind eventuell mehr Begleitung oder wo nur ein wenig Unterstützung? An welchen Punkten sollte die “vorbereitete Umgebung” im Gruppenraum den aktuellen Entwicklungsschritten des Kindes neu angepasst werden? Die Erzieher/innen nehmen sich dafür aus dem aktiven Geschehen heraus, um nicht passiv am Rand zu sitzen, sondern um aktiv und ganz gezielt zu beobachten. Natürlich sind sie präsent, wenn ein Kind Unterstützung braucht. Bis dahin ermöglichen sie den Kindern, selbst aktiv sein zu dürfen. Und aktive Kinder wünschen wir uns ja alle.

Lern - MATERIAL

Kinder sind neugierig und interessiert, also wissbegierig. Sie müssen die Welt im wahrsten Sinne des Wortes zunächst begreifen, bevor spätere Theorie dazu kommen kann. Das Lernmaterial soll das natürliche Lernverhalten der Kinder unterstützen. Alle verwendeten Lernmaterialien sind kindgerecht und sicher. Auch Materialien von und aus Mutter Natur werden sehr gern verwendet, da sie sich pädagogisch gesehen hervorragend eignen. Baut ein Kind beispielsweise einen Staudamm, lernt es viel mehr über das Element Wasser, über die Eigenschaften von Erde, Sand, Steinen und Hölzern als irgendwo sonst. Gute Lernmedien sollen als optimale Ergänzung diesen Lernprozess unterstützen und ebenfalls regelmäßig angewendet werden.

im Krippenalter

Kinder lernen und forschen immer. Wenn zum Beispiel ein Kleinkind ein Holzklötzchen auf den Boden fallen lässt, erlernt es seine Materialeigenschaften kennen und entdeckt dabei die Schwerkraft. Größeren Kindern kann man beispielsweise eine Spardose anbieten, in die sie dann Knöpfe sortieren können, was ihnen viel Spaß bereitet und dabei ganz nebenbei den wichtigen Pinzettengriff übt. Bei Schüttübungen lernen sie in ein Wasserglas einzuschränken. Ihre Jacke dürfen sie selbst anziehen und sogar beim Wickeln helfen sie gerne mit. Eine Vielzahl weiterer Beispiele ließe sich finden, denen eines gemeinsam ist: Die Kinder dürfen viel selbst machen und finden dafür eine breite Auswahl an Werkstoffen und Gegenständen, wie auch an diktatischen Materialien, die ihr natürliches Lernverhalten unterstützt.

im Kindergartenalter

Hier arbeiten die Erzieher/innen nach dem gleichen Prinzipien wie bei den “Kleinen”. Es geht darum, den Kindern nicht einfach so die Zahlen beizubringen, denn diese haben sie schnell auswendig gelernt, jedoch ohne sie wirklich begriffen zu haben. Wir möchten aber, dass ein Kind weiß, was die Menge eins, zwei, drei… usw. bedeutet. Zum Beispiel bietet Perlenmaterial dem Kind die Möglichkeit, eine Menge zu verstehen, die es zuvor in der Hand hatte und wortwörtlich begriffen hat. So entwickelt es eine Vorstellung und ein Gefühl für Mengen. Wenn man diesem Kind irgendwann sagt, dass die Menge eins durch eine 1 dargestellt wird, weiß es genau, wovon gesprochen wird, weil es den Weg zum Konkreten, zum Abstrakten selbst gegangen ist. Bei allen Themen achten die Erzieher/innen darauf, dass die Kinder das Neue fühlen oder sehen können. Zum Beispiel sind Buchstaben aus Sandpapier ausgeschnitten. Die Konturen lassen sich so gut erfühlen. Es wird den Kindern klar, wie unterschiedlich die Buchstaben sind, dass es große und auch kleine Buchstaben gibt. In Experimenten verfahren die Kinder nicht anders. Sie lassen zum Beispiel Schnee tauen, sie frieren Wasser ein, sie schauen wie ein Turm gestapelt werden muss, damit er so hoch wie möglich wird. In der Natur mit einer Lupe unterwegs, überall lernen die Kinder, in dem sie die Welt jeden Tag ein Stückchen mehr begreifen.

“Kinder brauchen Wurzeln und Flügel” (J.W. v Goethe)

(Wurzeln, um zu wissen, wo sie herkommen und Flügel, um die Welt zu erkunden)